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Warum sollen Führungskräfte in Social Media persönlicher kommunizieren?

Diese Frage erreichte uns nach einer Folge des Podcasts „Kohl und Schulz – Gedanken, die zählen“. Die deutschen Führungskräfte sind die Schlusslichter, wenn es um Social Media geht. Natürlich bestätigen Ausnahmen wie Christian Lindner von der FDP oder Tina Müller, CEO von Douglas, diese Regel. Aber dennoch gilt, dass sich die deutschen CEOs im internationalen Vergleich unterm Strich sehr ruhig verhalten. Und wenn sie sich äußern, dann eher fachlich, denn schließlich leben wir im Land der Ingenieure und der Bürokratie.
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Die internationalen Kommunikationsberater von Edelman befragen seit mehr als 20 Jahren für ihren Trust Barometer jährlich rund 36.000 Teilnehmer:innen aus 28 Ländern. Das Ergebnis in diesem Jahr: Acht von zehn Befragten wünschen sich, dass Führungskräfte aus der Wirtschaft den aktuellen Wandel maßgeblich mitgestalten. Ihnen wird neben Nichtregierungsorganisationen das größte Vertrauen entgegengebracht, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Welche Erkenntnis lässt sich daraus ziehen? Die Befragten wünschen sich Führung, es darf sich eingemischt und zu Wort gemeldet werden, aber wie?

Funktion oder Personality?

In meinen Beratungsgesprächen mit Führungskräften und Entscheider:innen fällt mir immer wieder auf, dass die meisten nur aus ihrer Funktion heraus kommunizieren. Ob auf Social Media zum Beispiel bei LinkedIn oder in der internen Kommunikation via Mail. Es wird fast ausschließlich auf der Grundlage der Funktion argumentiert. Weil ich dein Vorgesetzter bin …, weil ich als CEO denke, dass …, als CFO bin ich der Meinung … usw. Aber was ist mit der Personality? Wenn wir über Leadership sprechen, also darüber, dass nicht aus einer Funktion heraus geleitet, sondern als echter Leader agiert wird, dann fällt eines auf: Leader haben keine Untertanen. Leader haben Follower.

Über dem Radar fliegen

Jetzt die Frage an Sie: Wo und wie kommunizieren Sie, und zwar so, dass es auf Leadership einzahlt? Echte Leader sind Dream Painter und müssen dies auch in der Kommunikation sein. Führungskräfte oder Entscheider:innen wollen überm Radar fliegen, wahrgenommen werden und fachliches Renommee genießen. Aber ist das nicht typisch deutsch? Werfen wir hierzu einmal den Blick über den großen Teich in die USA. Dort ist die Kommunikation meist viel freier und privater, das Innere wird manches Mal nach außen gekrempelt und das Motto lautet oft: dream big. Für uns Deutsche ist das eher ungewohnt. Wir kommunizieren in Fachlichkeit, in Zahlen, Daten und Fakten. Warum ist das so? Ein Stück weit ist das durch unsere Kultur bedingt. Schauen wir uns die Kommunikation der Vergangenheit an, z. B. nach den ersten beiden Weltkriegen, wird klar, dass wir der Welt etwas beweisen wollten – und das haben wir eben genau durch Zahlen, Daten und Fakten getan. Durch Standards und Prozesse haben wir gezeigt, dass unsere Arbeit und Produkte eine hohe Qualität haben. Made in Germany war gleichzusetzen mit high quality. Doch ganz ehrlich, das befindet sich gerade auf dem absteigenden Ast. Nichtsdestotrotz war die fachliche Kommunikation eine ganze Zeitlang nicht schlecht. Aber spätestens jetzt, mit der neuen Generation merken wir, dass es so nicht weitergeht. Jüngere Menschen fordern und wollen Personality, Authentizität, Nahrbarkeit. Es braucht den Wechsel von der Funktion zum Human Touch.

Sich als Mensch zeigen

Wie also funktioniert Kommunikation in Zeiten von Krisen und Social Media Shitstorms? Einer der wichtigsten Punkte ist, authentisch zu kommunizieren und nicht aufgesetzt. Eloquenz ist nicht gleich Kompetenz und es wird schnell durchschaut, wenn es nur hohles Business-Bla-Bla ist. Bleiben Sie in Ihrem Jargon, schreiben oder sprechen Sie so, wie es für sie artgerecht ist. Es muss nahbar sein. Das heißt, zeigen Sie sich als Mensch und nicht als Funktion. Und Sie dürfen durchaus auch polarisieren. Das ist nichts Schlechtes, denn es bedeutet, dass Sie einen festen Standpunkt, eine Meinung und eine bestimmte Haltung haben. Damit kommunizieren Sie auch Ihre Werte und das, was für Sie wichtig ist. Leider wird das Wort Polarisierung noch immer mit etwas Negativen assoziiert, dabei zeigt es, dass wir greifbar sind und nicht wie Stück Seife, das jedem entgleitet.

Haben auch Sie Fragen? Dann senden Sie diese gerne an: mail@kohlundschulz.de


 

Vier Faktoren für ehrliche Kommunikation

Woran lässt sich erkennen, dass eine Führungskraft oder ein/e Entscheider:in, nach außen das lebt, was kommuniziert wird? Im Zeitalter von Social Media ist es nicht leicht, Ehrliches und Authentisches von Aufgesetztem zu unterscheiden. Kommuniziert die Person gerade wirklich oder gibt es ein oder mehrere Personen, die dafür verantwortlich sind? Woran man feststellen kann, ob jemand tut, was er sagt, mache ich an vier unterschiedlichen Faktoren fest:

Transparenz.

Die Kommunikation ist transparent und man erkennt die Absichten dahinter. Ich sage immer, dass man sehen kann, was der- oder diejenige im Schilde führt.

Konsequenz.

Der zweite Faktor ist daran zu erkennen, ob jemand nach dem Gesagten handelt. Hier spielt auch die Verantwortungsübernahme mit hinein. Steht die Person zu ihrem Wort, auch wenn das eventuell unangenehme Konsequenzen mit sich bringt, ist sie ehrlich in der Kommunikation.

Konsistenz.

Ist die Kommunikation verlässlich und geradlinig oder gleicht sie einem Fähnchen im Wind? Ständige Richtungswechsel irritieren Menschen, Verlässlichkeit hingegen schafft Vertrauen.

Respekt.

Im Ursprung bedeutet Respekt eine Form der Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Ehrerbietung gegenüber einem anderen Lebewesen, das Sehen eines anderen – und das sollte auch in der Kommunikation beibehalten werden.

Schwäche zeigen und den Human Touch finden

Eine Frage, die im Zusammenhang mit Kommunikation immer auftaucht, ist, ob man Schwäche zeigen soll. Wir sind davon geprägt, dass jemand, der nach außen Schwäche zeigt, komisch angeschaut wird. Über das Scheitern und eigene Misserfolge spricht man nicht öffentlich, schon gar nicht, wenn es privat wird z. B. wenn die Ehe zerbricht. Vielmehr wird eine Rüstung angelegt, die einen nach außen hin stark macht, denn man möchte auf keinen Fall als schwach gelten. Aber was bedeutet Schwäche wirklich? Ich habe neulich auf LinkedIn einen Artikel von einem Schweizer Unternehmer gelesen. Er hat sehr offen kommuniziert, dass er eine Krebserkrankung hatte. Das Interessante daran: Menschen, Mitarbeitende und auch die Medien haben das sehr lobend erwähnt. Warum? Wir sind es nicht gewohnt, dass jemand Schwäche zeigt, doch genau das schafft Nahbarkeit. Jeder weiß, dass wir keine Supermans und Superwomen sind, sondern wir haben Schwächen. Auch Superman hatte eine Schwäche – Kryptonit. Was ist Ihr Kryptonit? Und wären Sie bereit, darüber zu sprechen? 

Ich glaube, dass mit jedem Scheitern die Lernkurve wächst. Und ich habe gerne mit Menschen zu tun, die gescheitert sind, weil ich davon ausgehe, dass sie daraus gelernt haben. Es gibt Kulturen, die das mittlerweile sehr fördern. Doch leider gilt bei uns in Deutschland das Scheitern noch immer als Schandfleck. Umso wichtiger ist, hier etwas zu verändern und auch mit Misserfolgen offen umzugehen. In der Kommunikation sind Emotionen wichtiger als Qualifikationen und der Human Touch ist klar auf dem Vormarsch.