Engagement und emotionale Bindung brauchen ein Leitbild

Ganz ehrlich: Ich bin genervt. Genervt von Floskeln, leeren Versprechungen und sinnbefreiten Leitbildern. Viele Unternehmen fahren noch immer auf der Schiene, dass ein mit Obst und Getränken gefüllter Kühlschrank und regelmäßige After-Work-Cocktails die Mitarbeitenden emotional binden. Auch sehr beliebt ist die Vergabe von hochtrabenden Titeln, um banalen Aufgaben ein schönes Gewand zu verleihen. Jetzt frage ich Sie als UnternehmerIn: Was wollen Sie mit protzigen Jobbeschreibungen erreichen, wenn das Vertrauen in Ihr Unternehmen fehlt? Was bringt ein Familiengefühl, wenn das Commitment nicht vorhanden ist? Was sollen Gratis-Pizza, Kickertisch und Co., wenn der Sinn fehlt?

Menschen sind und bleiben Sinnsucher. Fakt ist, dass diese Suche nicht plötzlich im Job aufhört. Somit sind auch Unternehmen in der Pflicht, ihren Sinn zu suchen, zu definieren und zu vermitteln, wenn sie für Stakeholder und Mitarbeitende interessant werden oder bleiben wollen.
 

Niemand kennt den Purpose
 

Der Purpose ist ein wichtiger Bestandteil des Unternehmensleitbildes und bezieht sich im Kern auf den Sinn und Zweck. Idealerweise liefert dieser Antworten auf die Fragen: „Wozu sind wir eigentlich hier? Wofür stehen wir? Was macht uns aus?“ Fragt man UnternehmerInnen nach dem Purpose gibt es neben vielen „Ähmms“ auch seitenlange Ausführungen, die um den heißen Brei herumreden und am Ende nichtssagend sind. Dabei spielen Leitbilder eine immer größere Rolle. So gaben 70% der von Deloitte Private befragten Familienunternehmen an, dass der Purpose gerade durch Corona stark an Bedeutung gewonnen habe1. Das Bewusstsein für die Relevanz eines Purposes scheint gegeben, doch kommunizieren in Deutschland gerade mal 27% der im MDAX vertretenen mittelständischen Unternehmen öffentlich ihren Purpose2. Es ist somit nicht verwunderlich, dass eine Studie von Kienbaum ermittelte, dass mehr als 60% aller Mitarbeitenden das offizielle Purpose Statement ihres Arbeitgebers gar nicht kennen3. Wer den Sinn nicht kennt, kann ihn nicht verstehen. Emotionale Bindung an ein Unternehmen kann aber nur entstehen, wenn das „Warum“ deutlich ist. Wie schlecht Unternehmen in diesem Bereich aufgestellt sind, zeigt auch der regelmäßige Gallup Engagement Index4. Aus diesem geht hervor, dass im Jahr 2020 nur ca. 17% der Arbeitnehmenden eine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgebenden hatten, 68% der Befragten fühlten sich nur wenig gebunden und weitere 15% haben gar keine emotionale Bindung. Sie können sich vorstellen, dass diese Zahlen im Zuge der Pandemie und Homeoffice-Zeit nicht gerade besser geworden sind. Doch gerade die jüngeren Generationen lechzten nach Purpose, wie im Deloitte Sonderbericht Human Capital Trends 20215 zu lesen ist. Rund 44% der Millennials und 49% der Generation-Z-Vertreter haben in den vergangenen beiden Jahren Jobentscheidungen aufgrund des Purpose getroffen. Das Unternehmen bei Wachstum und Gewinnmaximierung zu unterstützen, reicht ihnen als Antrieb für Leistung nicht aus.

Alleingelassen mit der Frage nach dem „Warum“

Die meisten Unternehmen wissen mittlerweile, dass ihre Mitarbeitenden jetzt und künftig einen hohen Anspruch an das „Warum“ stellen. Doch anstatt ein passendes und authentisches Leitbild zu entwickeln, suchen sie nach Floskeln oder schieben den Auftrag an einen Dritten ab, der nichts über das Unternehmen weiß. Anschließend ist der Schrecken groß, wenn dabei nur Bullshit herauskommt. Und dann werden die Mitarbeitenden, meist fernab des Büros, auch noch mit ihrer Frage nach dem „Warum“ alleingelassen. Aber wenn nicht einmal die Unternehmen ihren Purpose kennen, wie sollen es dann die Mitarbeitenden? Jetzt braucht es Antworten und wenn die nicht gegeben werden, dann verlieren die Mitarbeitenden ihre ohnehin schon geringe emotionale Bindung ganz und werden sich nach einem neuen Arbeitgebenden umsehen. Können Sie sich das in Zeiten des Fachkräftemangels leisten? Nein? Dann sollten Sie dringend an Ihrem Unternehmensleitbild und dem Purpose arbeiten.

„Der beste Heilbutt in Hamburg – und dazu noch einen Puropse“

Gehen wir einmal gedanklich auf den Hamburger Fischmarkt. Die Verkäufer schreien ihre Angebote heraus, kloppen einen Spruch nach dem anderen und wollen ihre Ware mit allen Mitteln an den Mann und die Frau bringen. Meist gewinnt, wer am lautesten brüllt. Gilt das gleiche auch für den Purpose eines Unternehmens? Im Purpose spiegelt sich die innere Haltung des Unternehmens wider. Diese ist ein sensibles, hoch emotionales Gut und orientiert sich nicht an aktuellen Markttrends. Ist gefühlt jede Woche ein neuer Purpose im Angebot, so wie die „Trendfische“ eben ins Netz schwimmen, wird das Unternehmen zur unseriösen Lachnummer. Wer mit dem Marketing-Megaphon den Sinn und Zweck herausschreit und auf alle erdenklichen Weisen vermarktet, mag vielleicht für ein paar Momente attraktiv wirken, aber auf lange Sicht gesehen, wird der Purpose durch den Missbrauch zu Werbezwecken absolut keine Wirkung haben. Das Purpose-Statement muss viel mehr aufrichtig an den relevanten Stellen kommuniziert, verstanden, ins Tagesgeschäft integriert und in der Unternehmensstrategie verankert werden.

Wenn es um Purpose geht, sind alle im Unternehmen gefragt

Die Geschäftsleitung hat einen Purpose entwickelt, in einem mehrtägigen Meeting ist jetzt endlich klar, was der Sinn und was der Zweck ist. Darauf aufbauend wurde auch gleich ein Leitbild kreiert – und die Mitarbeitenden fallen lachend vom Stuhl. Bei ihnen kommt die Arbeit, die anhand allerlei Methoden am Reißbrett entstanden ist, nicht an. UnternehmerInnen müssen bei der Frage nach dem Purpose auf Spurensuche gehen und alle Mitarbeitenden über alle Hierarchieebenen hinweg einbeziehen – von den obersten UnternehmenslenkerInnen bis zu den Auszubildenden. Selbstverständlich ist es ab einer bestimmten Unternehmensgröße nicht mehr möglich, mit allen persönlich zu sprechen, aber eine allgemeine Befragung zeigt die Hauptbedürfnisse, die die Mitarbeitenden haben. Fragen Sie sich jetzt, welche Rolle das Unternehmen für diese einnimmt, denn danach sollte sich auch der Purpose ausrichten. Bei der Entstehung eines Leitbildes, welches den Purpose einschließt, ist ebenfalls Weitblick gefragt. Überlegen Sie sich einmal was der ursprüngliche Zweck war, aus dem das Unternehmen gegründet wurde, was hatten die GründerInnen im Sinn? Was wissen Ihre Mitarbeitenden über den Purpose und das Leitbild – fragen Sie nach. Im Allgemeinen ist ein Purpose immer langfristig angelegt, eindeutig, einzigartig und für das Unternehmen bedeutsam.

Zukunftsfähige Unternehmen brauchen ein Leitbild

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jede Handlung im Unternehmen dem Purpose dient, der wiederrum fester Bestandteil des Leitbilds ist. Mitarbeitende, die das Leitbild verinnerlicht haben, richten ihr ganzes Tun danach aus und spüren eine emotionale Verbindung zum Unternehmen, da alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Wir haben daher für Unternehmen den Leitbild-Profiler entwickelt, der sicherstellt, dass die Maßnahmen, die Sie in Zukunft geplant haben, auf das Leitbild Ihres Unternehmens einzahlen. Denn jeder Mitarbeitende muss sich im Purpose wiederfinden und diesen zu jeder Minute im Unternehmen spüren und erleben können. Ein Leitbild zu formulieren ist eine Herausforderung, es zu leben ist kontinuierliche Arbeit.




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