In einer Welt, die von Unsicherheit und schnellen Veränderungen geprägt ist, neigen wir dazu, uns in unsere Komfortzonen zurückzuziehen. Dies ist ein natürlicher Reflex, doch für Führungskräfte kann dies gefährliche Folgen haben.
In Zeiten großer Unsicherheit, wie wir sie derzeit erleben, ist die Tendenz, sich zurückzuziehen und auf Bewährtes zu setzen, besonders stark. So mancher Führungskraft scheint es sicherer, sich in bekannten Gewässern zu bewegen, als das Ruder herumzureißen. Doch genau hier liegt die Krux: Wachstum und Entwicklung liegen außerhalb der Komfortzone. Und Führungskräfte müssen sich dem Unbekannten stellen und unangenehme Entscheidungen treffen, um ihre Unternehmen voranzubringen.
Komfortzonen sind nicht grundsätzlich schlecht. Sie bieten uns einen Rückzugsort, an dem wir Energie tanken und uns erholen können. Doch in der Führung geht es darum, den richtigen Moment zu erkennen, um aus dieser Zone herauszutreten und mutig zu handeln. Die eigene Komfortzone zu verlassen bedeutet, sich den Herausforderungen zu stellen, unabhängig davon, wie herausfordernd oder unbequem sie sein mögen. Nur so können wir wachsen, uns weiterentwickeln und unsere Unternehmen zum Erfolg führen.
Komfortzone Ade
Erinnern Sie sich an Ihre ersten Fahrstunden? Alles war neu, herausfordernd, vielleicht sogar überfordernd. Doch der Wunsch, das Fahren zu meistern, trieb Sie an, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Ebenso ist es in der Führung: Der Wille, das Unternehmen voranzubringen, sollte stärker sein als der Impuls, im sicheren Hafen zu verharren.
Unser Gehirn arbeitet jedoch, was das betrifft, gegen uns. Es bevorzugt den Zustand der Ruhe und Sicherheit und entwickelt daher Strategien, um uns in der Komfortzone zu halten:
Vermeidung: Diese Strategie äußert sich in dem Bestreben, schwierigen Situationen oder Entscheidungen aus dem Weg zu gehen. Statt sich den Herausforderungen zu stellen, werden sie ignoriert, aufgeschoben oder umgangen. In der Führung kann dies bedeuten, dass wichtige Meetings verschoben, notwendige Gespräche vermieden oder kritische Entscheidungen auf unbestimmte Zeit vertagt werden. Diese Vermeidungstaktik schafft kurzfristig Erleichterung, führt aber langfristig zu größerem Druck und potenziellen Krisen.
Rechtfertigung: Sie kommen ins Spiel, wenn das eigene Vermeidungsverhalten eine Rechtfertigung benötigt. Führungskräfte rationalisieren ihr Zögern oder Nichtstun mit Gründen wie Zeitmangel, anderen Prioritäten oder der Annahme, dass sich Probleme von selbst lösen. Diese Selbsttäuschung kann gefährlich sein, da sie ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugt und die Illusion aufrechterhält, dass keine dringenden Maßnahmen erforderlich sind.
Ersatzhandlungen: Hierbei handelt es sich um Aktivitäten, die anstelle der eigentlich notwendigen Handlungen ausgeführt werden. Dies kann beispielsweise das Konzentrieren auf nebensächliche Aufgaben sein, während drängende Probleme unbeachtet bleiben. Ersatzhandlungen dienen als eine Art Ablenkungsmanöver und geben uns das Gefühl, produktiv zu sein, obwohl wir tatsächlich wichtige Aufgaben ignorieren.
Diese Mechanismen sind subtil und oft schwer zu durchschauen, denn sie tarnen sich als rationale Entscheidungen oder notwendige Ablenkungen.
Was geschieht, wenn Führungskräfte dieser Verlockung erliegen?
Sie verpassen nicht nur die Chance auf Wachstum und Innovation, sondern setzen auch das Wohl ihres Unternehmens aufs Spiel. Verzögerte Entscheidungen, ungeklärte Konflikte und mangelnde Planung sind nur drei der Symptome, die sich aus einer Führungsmentalität der Vermeidung ergeben.
Sätze wie: „Wir müssen erst dies oder jenes lösen“, oder: „Dafür haben wir keine Zeit“ sind Indikatoren für eine Führung, die sich in ihrer Komfortzone vergraben hat. Dabei ist gerade jetzt der Moment, mutige Entscheidungen zu treffen und Veränderungen anzustoßen.
Der Fachkräftemangel, das sich verändernde Arbeitsumfeld und die Erwartungen der Mitarbeiter erfordern eine proaktive und entschlossene Führung. Wer in seiner Komfortzone verharrt, riskiert nicht nur die eigene Relevanz, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
Denken wir mal an die großen Innovatoren und Leader unserer Zeit: Ihr Erfolg basierte nicht darauf, dass sie sich mit dem Status quo zufriedengaben. Sie wagten es, gegen den Strom zu schwimmen, neue Ideen zu verfolgen und Risiken einzugehen. Dieser Geist des Wagemuts und der Erneuerung ist es, der wahre Führungskräfte auszeichnet.
Doch wie überwinden Führungskräfte die Barriere der Komfortzone?
Der erste Schritt ist das Erkennen und Akzeptieren, dass Veränderung notwendig ist. Es geht darum, sich mit den eigenen Ängsten und Unsicherheiten zu konfrontieren und sich bewusst zu machen, dass das Festhalten am Altbekannten letztlich mehr Risiken birgt als das Betreten neuen Terrains.
Zudem ist es wichtig, sich auf die langfristigen Ziele des Unternehmens zu konzentrieren und zu verstehen, dass kurzfristige Unbequemlichkeiten und Herausforderungen Teil des Weges zu diesen Zielen sind. Führungskräfte sollten sich daran erinnern, dass jede Entscheidung, auch das Unterlassen einer Entscheidung, Konsequenzen hat.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Komfortzone zwar ein verlockender Ort ist, aber echte Führung bedeutet, darüber hinauszugehen. Das erfordert Mut, Entschlossenheit und die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Sie müssen lernen, diese Muster zu erkennen und aktiv dagegen anzugehen. Dies kann bedeuten, sich Unterstützung zu suchen, um bessere Entscheidungswege zu entwickeln, sich selbst Herausforderungen zu setzen, um die Komfortzone zu erweitern, und eine Kultur der Transparenz und Verantwortlichkeit im Unternehmen zu fördern.
Indem Führungskräfte lernen, Vermeidung, Rechtfertigung und Ersatzhandlungen zu überwinden, stärken sie nicht nur ihre eigene Führungsrolle, sondern schaffen auch ein Umfeld, in dem Wachstum, Innovation und echte Fortschritte möglich sind. Wer es wagt, die eigene Komfortzonen zu verlassen, wird zu denen gehören, die ihre Unternehmen durch unsichere Zeiten navigieren und zu neuen Höhen führen können.