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Die „Geht-Nicht-Republik“ – unser neues „Made in Germany“

Am Wochenende versuche ich immer, mir ein wenig Auszeit zum Schmökern in der Welt am Sonntag zu nehmen. So auch am 29. Mai. Ich stieß auf einen Artikel von Susanne Gaschke mit dem Titel „Dysfunktionaler Staat – Deutschland funktioniert nicht mehr“, der genau in die Kerbe einschlägt, von der ich schon lange predige – der Talfahrt Deutschlands. Ein Thema, das uns gesellschaftlich, politisch und unternehmerisch alle betrifft.
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Wenn man sich so umschaut, drängt sich immer mehr der Gedanke auf, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr reibungslos läuft. Das zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche unseres Staates. Angeregt durch zum einen den oben genannten Artikel, zum anderen das von Walter Kohl 2020 erschienene Buch „Welche Zukunft wollen wir? Mein Plädoyer für eine Politik von morgen“ und unsere gemeinsame Podcastreihe „Kohl & Schulz. Gedanken, die zählen. Der Podcast für Unternehmertum, Mittelstand, Personal Branding sowie Wirtschaft und Politik“ ist es mir wichtig, mal wieder in diese Kerbe zu schlagen.

Infrastruktur der „Geht-Nicht-Republik“

Seit Jahrzehnten lebt die Bundesrepublik weitestgehend aus der Substanz. Marode Brücken, schlechte Straßen, unzuverlässige Post, bankrotte Gemeinden, unterbesetzte Hotlines bei Krankenkassen oder Finanzämtern, die zu unzumutbaren Wartezeiten führen, Schwimmbäder und Schulen sind veraltet oder werden geschlossen, deutschlandweit ist ein so hoher Lehrkräftemangel wie noch nie zu verzeichnen. Das Eisenbahnnetz ist nicht in der Lage, die deutsche Tugend der Pünktlichkeit zu erfüllen oder die bestehende Nachfrage zu bedienen. Das hat sich dramatisch in der 9€-Ticket-Situation gezeigt. Geld floss immer wieder in kurzfristige Maßnahmen, aber es wurde völlig außeracht gelassen, dass irgendwann die Substanz, welche in den 60er Jahren aufgebaut wurde, verbraucht ist.

Fatal ist der Zustand unserer Bundeswehr. Die Aussetzung der Wehrpflicht führte zu einer immensen Erhöhung der Personalkosten bei gleichzeitiger Streichung von Mitteln. Der aktuelle Krieg hat aufgezeigt, dass die Bundeswehr de facto nicht mehr verteidigungsfähig ist. Ein Armutszeugnis. Aber die innere Sicherheit sieht auch nicht besser aus. Der Polizeiapparat ist völlig unterfinanziert. Selbst Musterbundesländer wie Baden-Württemberg leiden unter Personal- und Ausrüstungsmangel.

„Geht-Nicht-Republik“ als „Kann-Nicht-Republik“

Die letzten zwei Jahre haben es überdeutlich gezeigt – die Globalisierung hat uns in einem Maße von anderen abhängig gemacht, dass Deutschland streckenweise in manchen Branchen handlungsunfähig war und ist. Man betrachte nur das Theater mit den Masken, Miele konnte keine Waschmaschinen ausliefern, da die Chips in China auf irgendeinem Container lagen, von der Automobilbranche mal ganz zu schweigen … Wie kann das sein? Deutschland war weltweiter Vorreiter und nun bekommen wir nichts mehr hin, ohne in Abhängigkeiten verstrickt zu sein.

Oder nehmen wir das Beispiel der Digitalisierung. Überall wird gefordert, diese zu beschleunigen. Nur leider haben wir immer noch viel zu schlechte digitale Lösungen, so dass die Digitalisierung aktuell das Leben eher erschwert als erleichtert. 20 Millionen Bürger sind über 65, die dank geschlossener Postfilialen sich ihre Briefmarken selbst ausdrucken müssen, die dank geschlossener Bankfilialen mit PINs und TANs beim Online-Banking verzweifeln. Die Verantwortung eines funktionierenden Alltags liegt in der Hand eines jeden Einzelnen. Wenn es schief geht, ist man selbst dran schuld. Ergebnis: Eine nie dagewesene Politikverdrossenheit.

„Geht-Nicht-Republik“ und das Thema Vertrauen

Alle bisher genannten Punkte führen dazu, dass die Menschen das Vertrauen verlieren, schlimmer noch – es entsteht Misstrauen. Misstrauen gegenüber der Politik, aber auch Misstrauen gegenüber Unternehmen. Deutschland funktioniert an vielen Stellen nicht mehr so, wie wir es aus der Historie heraus erwarten und auch gewohnt waren. Was ist das Problem?

Ich denke, eines der Hauptprobleme ist, dass wir viel zu oft in Vermeidungszielen statt in Erreichungszielen denken und planen. Das ist so wie das halbleere und das halbvolle Glas. „Denke ich in anspruchsvollen Zielen oder denke ich in Zielen, die ich eh schaffe, weil's bequem ist und ich keinen Stress haben will?“ Wir vermeiden hinzufallen. Wir vermeiden Fehler. Wir sichern Arbeitsplätze.

Falsch. Ganz falsch!

„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.“

Wir alle kennen den Auszug aus dem Talmud. Hierbei geht es um einen ganz einfachen Automatismus kognitiven Verhaltens. Denken ist ein auditiver Prozess. Beim Denken hören wir unsere eigene Stimme im Kopf. Alles, was wir uns in Gedanken selbst erzählen, hat sofortigen Einfluss auf unsere Empfindungen. Jedes Wort zählt. Die Gedanken sind somit letztlich Ursache unserer Handlungen. Gehen wir optimistisch und zupackend erst in Gedanken und dann in Worten Probleme an, werden die Lösungen vorwärtsgerichtet sein. Ziele werden erreicht.

Erreichungsziele brauchen positive, visionäre Formulierungen: „Wir riskieren Neues und stehen auf, wenn wir fallen sollten.“ „Wir lassen Fehler zu und nehmen diese zum Anlass, aktiv eine Entwicklung in Gang zu setzen.“ Wir schaffen Arbeitsplätze, machen unseren Standort zukunftssicher.“

Da steckt doch eine ganz andere Power dahinter.

Von „Geht-Doch“ zurück zu „Geht-Nicht“

Es ist gar nicht lange her, da hieß es „Homeoffice? Nee, das geht nicht.“ Und dann kam da so ein kleines Virus und schon musste es gehen. Und es geht gut, sehr gut sogar. Viele Menschen und Unternehmen profitieren von diesem Modell, fühlen sich wohler, sind produktiver. Warum nur wollen dann Unternehmen wieder zurück in die Zeit vor Corona, so als gäbe es kein Online mehr, kein Homeoffice? Ist es das Misstrauen gegenüber den Mitarbeitenden, dass die zu Hause ne faule Kugel schieben? Dann wäre das Unternehmen nach den letzten zwei Jahren doch schon längst pleite. Oder ist ein Zurückfallen in vertraute Muster, alte Systeme, verstaubte Prozesse so unglaublich attraktiv? Die Welt draußen dreht sich weiter. Ein Zurück ist wie den Tunnel verlängern, wenn man endlich Licht am Ende gesehen hat. Lass es bloß nicht klappen. Aber wenn wir so weitermachen, werden wir – unser Standort Deutschland – zum Schlusslicht.

Fazit: Jetzt Verantwortung übernehmen!

Der Fisch stinkt vom Kopf her … Um wieder Vertrauen zu fassen, um vor allem Deutschland wieder nach vorne zu bringen, müssen wir alle etwas tun. Aber besonders sind Unternehmer, Entscheider und Führungskräfte gefordert, mit gutem Beispiel voraus zu gehen. In instabilen Zeiten brauchen Menschen Menschen. Sie suchen jemandem, dem sie vertrauen können, mit dem sie durch dick und dünn gehen wollen. Zeigen Sie Visionen auf. Gehen Sie voran. Seien Sie anpackend und authentisch, dann haben Sie die Energie auf Ihrer Seite. Und denken Sie an das Sprichwort:

„Alle sagten immer das geht nicht, dann kam jemand, der das nicht wusste, und hat es einfach gemacht!“

Sie möchten sich zu dem Thema austauschen? Rufen oder schreiben Sie mich an. Ich bin gespannt.


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