Ich fahre nicht davon – ich fahre zu mir.

Der Motor brummt ruhig unter mir. Ich atme tief durch, setze den Helm auf und spüre, wie sich mit jedem Handgriff eine gewisse Klarheit einstellt. Mein Sohn sitzt hinter mir – auf seinem eigenen Motorrad. Ich sehe ihn im Rückspiegel, wie er mir folgt. Wir fahren los, raus aus dem Alltag, rein in die Stille, in die Freiheit. Die Landschaft zieht vorbei, der Fahrtwind pfeift, und in meinem Innersten wird es ruhiger. Klarer. Ich tanke auf.

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Diese Ausfahrten sind für mich weit mehr als ein Hobby.

Sie sind mein Reset-Knopf. Sie sind der Moment, in dem ich wieder zu mir finde. Denn oft – viel zu oft – bin ich in Bewegung für andere. Ich bin Vater. Ehemann. Unternehmer. Freund. Berater. Ich übernehme Verantwortung in diesen Rollen, nicht oberflächlich, sondern mit vollem Herzen. Und genau deshalb ist es so herausfordernd.

Diese Rollen sind kein Spiel. Sie sind echt, bedeutsam – und sie fordern mich. Immer wieder habe ich mir die Frage gestellt: Reiche ich aus? Werde ich all diesen Menschen, diesen Aufgaben, diesen Erwartungen gerecht, ohne mich selbst dabei zu verlieren? Und wenn ich ganz ehrlich bin: Es gab viele Tage, an denen ich diese Frage nicht mit einem klaren Ja beantworten konnte.

Wir leben in einer Welt, in der es scheinbar immer um Leistung geht. Um Präsenz, um Stärke, um Durchhaltevermögen. Aber kaum jemand redet darüber, wie sehr all das zehrt. Wie schwer es manchmal ist, morgens aufzustehen mit dem Wissen, dass da wieder all diese Rollen warten. Und dass man funktionieren muss. Einfach muss.

Selbstfürsorge ist kein Egoismus

Aber ich habe gelernt: Selbstfürsorge ist kein Egoismus. Sie ist kein Rückzug aus der Verantwortung. Im Gegenteil. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass ich überhaupt in der Lage bin, Verantwortung zu tragen. Für mein Unternehmen. Für mein Team. Für meine Familie. Für meine Freunde. Und vor allem: für mich selbst.

Ich komme oft nach Hause und merke, dass mein Akku leer ist. Dass mein Kopf brummt, mein Körper verspannt ist und meine Gedanken kreisen. Und dann gibt es diesen Moment – meistens freitags – wo ich zu mir selbst sage: „Ich kann jetzt zwei Tage keine Menschen sehen.“ Und das ist okay. Es ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein Zeichen von gesunder Selbstwahrnehmung.

Für mich ist es das Motorrad.

Für dich mag es etwas ganz anderes sein – ein Spaziergang im Wald, Musik, Sport, Meditation, ein Buch, Zeit in der Werkstatt, Kochen, Gartenarbeit, Stille. Was es auch ist: Finde es. Und schütze es wie einen Schatz. Denn das sind die Momente, in denen du auftankst. In denen du dich spürst. In denen du begreifst, dass du mehr bist als nur eine Funktion im Leben anderer.

Selbstfürsorge bedeutet, die eigene Balance zu finden – immer wieder neu. Es ist ein Prozess, kein Zustand. Manchmal gelingt es gut, manchmal nicht. Aber sie beginnt mit der Entscheidung, sich selbst nicht mehr zu ignorieren. Mit dem Mut, sich Raum zu nehmen, bevor man zusammenklappt.

Ich frage dich: Was gibt dir Kraft? Wann fühlst du dich lebendig? Was hilft dir, klarer zu sehen, tiefer zu atmen, weicher mit dir zu sein?

Die Zeiten sind herausfordernd. Und sie werden es bleiben. Aber wenn wir Hoffnungsträger sein wollen – für unsere Kinder, unsere Teams, unsere Gesellschaft – dann beginnt das nicht mit großen Reden. Es beginnt mit dem kleinen, stillen Akt, gut für sich selbst zu sorgen.

Ben Schulz
Autor: Ben Schulz

Ben Schulz ist Sparringspartner für Geschäftsführer und Führungsteams in klein- und mittelständischen Unternehmen, wenn es um deren Strategie und Transformationsprozessen geht. Der Vorstand des Beratungshauses Ben Schulz & Partner AG legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit, gemeinsam mit seinem Team, auf die Schwerpunkte Unternehmensleitbildentwicklung, Kulturwandel, Führungskräfteentwicklung und strategischen Unternehmersparrings, bei denen es um die Steigerung von Perfomance geht.

Buch: Führungskräfte als Hoffnungsträger

Durch Selbstreflexion und adaptive Strategien in Krisenzeiten bestehen


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Strategie trifft Kultur: Der Leitbild-Profiler der Ben Schulz & Partner AG übersetzt Vision in konkretes Handeln. Ein smartes Tool, das Werte und Ziele messbar macht – und Führungskräften hilft, Projekte und Entscheidungen konsequent am Unternehmensleitbild auszurichten.