Was passiert, wenn Idealismus auf Realität trifft …

Unternehmer sind heutzutage angehalten, nicht mehr nur dafür zu sorgen, dass ihre Firma profitabel ist und bleibt. Wer zu den wirklich wirksamen Unternehmern gehören möchte, muss dafür sorgen, dass Werte Einzug halten, die weit über die reine Profitabilitätsdenke hinaus gehen. Und dass diese auch umgesetzt werden. Denn: die meisten Unternehmer, die ich kenne, möchten etwas hinterlassen. Etwas, das besser ist als vorher, das sowohl unternehmerisch als auch gesellschaftlich eine Wirkung hat. Dafür, dass die, die nach uns kommen, nicht nur verbrannte Erde und wirtschaftliche Ausbeutung vorfinden. 

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Nach einer Statista-Umfrage machten zuletzt knapp 40 Prozent der Deutschen die Unternehmen für die Lösung globaler Umweltprobleme verantwortlich. Ganz konkret bedeutet nachhaltiges Wirtschaften neben Umwelt- und Naturschutz auch eine ganzheitliche Produktion, umweltgerechten und sozial fairen Handel von Waren und Dienstleistungen sowie das soziale Engagement im internen und externen Unternehmensumfeld.
 

Idealismus versus Realität – Nachhaltigkeit versus Überlebensfähigkeit. 

Ein spannendes Thema, welches sowohl politisch als auch wirtschaftlich und gesellschaftlich zu betrachten ist.

Idealisten werden häufig als Spinner dargestellt: „Was haben die sich denn wieder ausgesponnen, wer soll das denn alles bezahlen …?“ ist wahrscheinlich noch eine der harmlosesten Äußerungen. Realisten hingegen haben schnell den Stempel von mitleidslosen, geldgeilen Menschen auf der Stirn. 

Wie bei allen -isten sind die Pole weit auseinander und verursachen eigentlich nur Streit. Auch hier macht die Dosis das Gift. Denn es braucht beides: 

Die Idealisten, die für die großen Ideen streiten und die Realisten, die schauen, was davon auch mit dem echten Leben vereinbar ist. 

Geht das überhaupt? 

Vaude – ein Pionier in erfolgreicher Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie

Wir alle kennen Vaude, den Outdoor-Klamotten-Hersteller aus dem schönen Süden Deutschlands. Seit 2009 ist Antje von Dewitz , Tochter des Unternehmensgründers, Geschäftsführerin des weltweitbekannten Bergsportausstatters. Ein Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Umsatz im Jahr. 

Nicht nur, dass die Generationsübergabe beispielhaft zu nennen ist – nein, Vaude ist auch Vorreiter, wie Nachhaltigkeit oberste Priorität haben und das Unternehmen gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich sein kann. 

Antje von Dewitz hat das Unternehmen in den letzten Jahren komplett auf Nachhaltigkeit umgekrempelt. Prinzipiell sieht sie Unternehmsverantwortung darin zu wissen, welche Auswirkungen das Handeln des eigenen Unternehmens hat: in fernen Produktionsländern, auf Emissionen, auf Arbeitsbedingungen, auf den Menschen. 

Mittlerweile sind alle Lieferketten transparent, Bio-Siegel wurden eingeführt, alle Produktionsstätten auditiert, Vaude ist Mitglied von Fair Wear, Materialien wurden auf nachhaltige umgestellt usw. 

Der Kampf gegen die Windmühlen

Das war allerdings kein Spaziergang, sondern sie stießen bei der großen Transformation auf viele Widerstände. Denn: Unser Wirtschaftssystem belohnt keine unternehmerische Verantwortung. Kosten, Aufwand, Risiko trägt das Unternehmen zunächst selbst. Antje von Dewitz sagt, es wäre wie als kleines Licht vor dem Himalya zu stehen und das Gefühl zu haben, nichts bewirken zu können. 

Aber wie sagt der Dalai Lama so schön: „Falls du glaubst, dass du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist.“

Und sie haben es geschafft. Mit viel Aufwand, Kreativität und Innovation werden sie als Pioniere von Politik und Wirtschaft angefragt, ihr Wissen zu teilen. Das Unternehmen gründete somit 2020 die VAUDE Academy für nachhaltiges Wirtschaften. Sie dient dazu, Unternehmen und Organisationen darüber zu informieren und zu schulen, wie man zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise kommen kann. 

„Hut ab!“, kann ich da nur sagen. Ein Musterbeispiel an Transparenz! 

Aber ist es damit getan? 

Eine Generalüberholung unseres Wirtschaftssystems ist fällig. 
 

Wie auch von Dewitz klagt Walter Kohl in seinem Buch „Welche Zukunft wollen wir“ den Missstand an, dass Unternehmen ausschließlich nach Finanzkennzahlen bewertet werden. Ökologischer Beitrag, soziale Verantwortung, etwas für das Gemeinwohl zu tun, fließen in keine wirtschaftlichen Bewertungen mit ein. Stattdessen werde nach wie vor der Shareholder-Value in den Fokus gestellt – ein Ansatz aus den 70ern mit dem Ziel: „die soziale Verantwortung des Unternehmens sei, seine Gewinne zu vermehren und den Profit für seine Besitzer, die Aktionäre, zu steigern.“ 
 

Aber das hat ausgedient. Antje von Dewitz sagt ganz deutlich, der Beitrag zum Gemeinwohl muss mit in die Bilanzen laufen, ein Verstoß zu Strafen führen. Walter Kohl empiehlt eine Erweiterung unseres konventionellen wirtschaftswissenschaftliches Denken um eine ökologische Dimension. Er betont: „Erst, wenn ökologisch wert- und sinnvolle Innovationen und dementsprechendes Handeln marktwirtschaftlich honoriert werden, wird sich ein echter Gesinnungswandel durchsetzen.“ 

Ich kann beiden nur aus vollster Überzeugung zustimmen. Oft zitiere ich Willy Brandt, der einst sagte: „Die Zukunft wird nicht gemeistert von denen, die am Vergangenen kleben.“

Daher mein Aufruf an alle: Dreht vor dem Himalaya nicht um, sondern krempelt als Mücke die Ärmel hoch und macht!

Ben Schulz
Autor: Ben Schulz

Ben Schulz ist Sparringspartner für Geschäftsführer und Führungsteams in klein- und mittelständischen Unternehmen, wenn es um deren Strategie und Transformationsprozessen geht. Der Vorstand des Beratungshauses Ben Schulz & Partner AG legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit, gemeinsam mit seinem Team, auf die Schwerpunkte Unternehmensleitbildentwicklung, Kulturwandel, Führungskräfteentwicklung und strategischen Unternehmersparrings, bei denen es um die Steigerung von Perfomance geht.




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