Tag 1: Fähre, Fels und Entscheidung

Allein beim Gedanken an Fähren wird mir schlecht. Nein, das ist keine Metapher. Ich meine: richtig schlecht. 

1-Mission-Hoffnuingstraeger

Schon die gesamte Anreise mit dem Wohnmobil – über 900 Kilometer – war ich nicht mit der Straße beschäftigt, sondern mit dem Film im Kopf. Wie ich an Deck stehe. Wie sich mir der Magen umdreht. Wie ich mich übergebe, während ich mir wünsche, ich hätte einfach die andere Strecke über Land genommen.

Denn: Ich wusste, was kommt. Die Fähre von Hirtshals nach Kristiansand. Danach direkt aufs Motorrad. Noch mal vier Stunden. 280 Kilometer. Wind, Kurven, skandinavischer Sommerregen. Ich hatte jede Ausrede parat.

BSP-Ben-Schiff

Aber ich bin losgefahren. Falls es mich wirklich erwischt, dann ist es so. Und ja – das war meine Entscheidung. Keine große Heldentat. Aber ein klarer Moment. Ein „Trotzdem“. Und genau darum geht’s heute.

Führung heißt entscheiden – nicht planen.

Am Abend des ersten Tages stehen wir in Stavanger. Am Fjord. Vor uns drei zehn Meter hohe Bronzeschwerter, tief im Fels verankert. „Sverd i fjell“. Ein Denkmal für die Schlacht von Hafrsfjord. 872. Der Moment, in dem Norwegen vereint wurde. Durch eine Entscheidung. Harald Schönhaar beendete das politische Klein-Klein der Fürsten. Er ging voran. Nicht, weil er sich sicher war. Sondern weil er wusste: Wenn ich es nicht tue, wird es niemand tun.

Die Schwerter wurden nie wieder gezogen. Sie stehen für Einigkeit. Für Klarheit. Für ein Ende des Zauderns.

Ich stand davor und dachte: Führung beginnt genau da. Wenn du keine Sicherheit hast. Wenn du nicht weißt, ob du dich übergeben musst oder nicht. Aber du steigst trotzdem aufs Schiff.

ben-schulz-Sverd-i-fjell

Zögern ist eine Entscheidung.

Viele reden sich raus. Sie nennen es „Prozess“. Oder „Wir brauchen noch Daten“. Oder „Wir möchten alle Perspektiven berücksichtigen“. Aber tief drin weißt du es: Du hast Angst. Vor Konsequenzen. Vor Widerstand. Vor dem Moment, in dem dich jemand fragt: „Warum gerade jetzt? Warum so?“

Ich kenne das. Ich habe als Unternehmer viele dieser Gespräche selbst nicht geführt. Entscheidungen verschoben. Vermeidbare Konflikte provoziert, weil ich keine Haltung gezeigt habe. Und ich habe Unternehmen begleitet, in denen das Zaudern zur Kultur geworden ist. Der Konsens ersetzt die Klarheit. Die Moderation ersetzt die Richtung.

Und plötzlich entsteht etwas Gefährliches: Die Organisation beginnt, dich zu spiegeln. Dein Zögern wird zum Zaudern im Team. Deine Unentschlossenheit zur Lähmung im Projekt. Und deine Konfliktscheu zur Passivität der anderen.

Entscheidungsstärke ist trainierbar.

Studien bestätigen: Unternehmen, die schnelle, aber informierte Entscheidungen treffen, sind erfolgreicher. McKinsey zeigt: Klar definierte Rollen, mutige Delegation und Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeitenden verbessern nicht nur die operative Schlagkraft, sondern auch die Resilienz in Krisen. Forbes ergänzt: Entscheiden braucht Selbstvertrauen, Klarheit, Commitment. Nicht Aktionismus, sondern Konsequenz.

Und genau hier wird’s unangenehm. Denn viele Führungskräfte glauben, sie müssten alles wissen, alles im Griff haben, alles absichern. Dabei ist Führung keine Vollkaskoversicherung. Sondern ein täglicher Sprung ins Unbekannte.

In meinem Buch Führungskräfte als Hoffnungsträger geht es genau darum (S. 81 ff): Entscheidungen sind nie rein rational. Sie haben immer eine emotionale Tiefe. Sie zeigen, wie viel Vertrauen du in dich selbst hast. Und wie viel Verantwortung du wirklich trägst – für dein Unternehmen, für dein Team, für dich selbst.

BSP-Ben-Meer

Es gibt keinen perfekten Moment.

Die Wahrheit ist unbequem: Der perfekte Moment existiert nicht. Es gibt nur den Moment, den du nutzt – oder verstreichen lässt. Wie auf der Fähre. Du kannst in der Kabine sitzen und dich fertig machen mit Gedanken. Oder du stellst dich dem Wind. Und dem Wellengang. Und der Realität.

Was du brauchst, ist kein besserer Plan. Sondern mehr Mut, mit einem unvollkommenen Plan loszugehen. Und eine Haltung, die auch in Unsicherheit trägt. Entscheidungen, die nur im Kopf getroffen werden, bleiben oft Theorie. Es braucht den Schritt. Den Helm. Den Mut, sich im Notfall zu übergeben – aber wenigstens unterwegs zu sein.

Also. Was ist mit dir?

Worauf wartest du noch?

Welche Entscheidung schiebst du seit Wochen vor dir her – obwohl du weißt, dass sie längst überfällig ist?

Bist du ehrlich: Entscheidest du – oder hältst du Optionen offen, weil du Konflikte vermeiden willst?

Wer oder was profitiert davon, dass du zauderst? Und wer leidet darunter?

Was passiert, wenn du weiter nicht entscheidest? Was wäre die mutigste Entscheidung heute?

 

Wenn du jemanden kennst, der diesen Impuls gerade braucht, schick ihm diesen Text. Und wenn du willst, teil deine eigene Erkenntnis. Vielleicht ist das genau der Moment, in dem du beginnst, Führung wieder ernst zu nehmen. Nicht als Funktion. Sondern als Verantwortung.

Dann bist du auf dem richtigen Weg. Auch wenn’s ruckelt. Auch wenn’s wackelt. Auch wenn dir manchmal schlecht wird.

Denn genau das macht dich zum Hoffnungsträger.

Ben Schulz
Autor: Ben Schulz

Ben Schulz ist Sparringspartner für Geschäftsführer und Führungsteams in klein- und mittelständischen Unternehmen, wenn es um deren Strategie und Transformationsprozessen geht. Der Vorstand des Beratungshauses Ben Schulz & Partner AG legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit, gemeinsam mit seinem Team, auf die Schwerpunkte Unternehmensleitbildentwicklung, Kulturwandel, Führungskräfteentwicklung und strategischen Unternehmersparrings, bei denen es um die Steigerung von Perfomance geht.

Die Leadership-Expedition mit Ben Schulz

Begleite Ben Schulz virtuell auf dem Weg zum Nordkap und lass dich von ihm herausfordern. 

» jeden Tag eine Leadership-Challenge 
» Live-Impulse von unterwegs
» Interviews mit Unternehmern

Melde dich jetzt für den Newsletter an

Ab dem 30. Juni kannst du über diesen Newsletter die Mission Hoffnungsträger täglich mitverfolgen!

 

Bens Strategie to go abonnieren
In unserem Newsletter erhalten Sie Antworten & Impulse auf strategisches Unternehmertum, Unternehmensleitbild, Führung & Management.

Für den Versand unserer Newsletter nutzen wir rapidmail. Mit Ihrer Anmeldung stimmen Sie zu, dass die eingegebenen Daten an rapidmail übermittelt werden. Beachten Sie bitte auch die AGB und Datenschutzbestimmungen.

Buch: Führungskräfte als Hoffnungsträger

Durch Selbstreflexion und adaptive Strategien in Krisenzeiten bestehen


Der SPIEGEL-Bestseller für Unternehmer und Führungskräfte, die Verantwortung übernehmen und ihr Team als Hoffnungsträger erfolgreich durch jede Herausforderung navigieren wollen.