Ich sitze hier, schreibe diese Zeilen – und es fühlt sich an, als müsste ich mich selbst retten. Zwei Wochen ist es her. Zwei Wochen voller Leichtigkeit, Klarheit, Nähe zu mir. Und jetzt? Jetzt schiebt sich der Alltag wie eine Betonplatte über genau dieses Gefühl. Ich könnte gerade heulen. Ich soll funktionieren, entscheiden, führen. Doch innerlich zieht mich etwas weg. Ich habe Sehnsucht. Sehnsucht nach einem Zustand, den man nicht einfach planen oder erzeugen kann. Ich merke: Ich vermisse mich selbst.
Und genau hier beginnt das Thema, über das ich heute schreibe: Hoffnung.
Nicht als Floskel. Nicht als positives Denken im hübschen Zitatrahmen. Sondern als brutale, radikale Entscheidung. Hoffnung ist kein Gefühl. Hoffnung ist Führung. Hoffnung ist Arbeit.
Hoffnung als psychologische Kraft
Im Konzept des psychologischen Kapitals ist Hoffnung kein zartes Pflänzchen, das man mit einem guten Gedanken düngt. Sie ist ein systemisch wirksamer Mechanismus – eingebettet zwischen Selbstwirksamkeit, Optimismus und Resilienz. Hoffnung heißt: Ich glaube, dass es einen Weg gibt. Und ich bin bereit, ihn zu gehen, auch wenn ich ihn noch nicht sehe.
Das setzt voraus, dass ich mich bewege. Nicht körperlich, sondern innerlich. Ich brauche ein Ziel – nicht im Sinne von KPI, sondern im Sinne von Richtung. Ich brauche Wege – Alternativen, Optionen, Umwege. Und ich brauche Energie – Motivation, die nicht aus Pflicht, sondern aus Entscheidung kommt.
Das ist für mich gerade die Herausforderung. Ich rede viel über Selbstführung, doch aktuell fühle ich mich wie ein Schüler auf dem ersten Kilometer einer schweren Etappe. Ich weiß, dass ich das alles schon mal geschafft habe. Ich weiß, dass ich durch tiefere Täler gegangen bin. Unternehmerisch, Privat und persönlich . Aber im Moment fühlt es sich fremd an. Ungewohnt schwer.
Hoffnung entsteht da, wo Ehrlichkeit beginnt. Vor allem mit mir selbst.
Hoffnung in der Selbstführung
Du kannst noch so viele Bücher über Resilienz und Motivation lesen – wenn du abends auf der Bettkante sitzt und keine Kraft mehr hast, bringt dir kein Konzept die Hoffnung zurück. Dann brauchst du dich. Radikal. Ohne Ausrede.
In meinem Buch „Führungskräfte als Hoffnungsträger“ schreibe ich auf Seite 25 über die Zerstörer von Hoffnung: Kontrollsucht, Selbsttäuschung, der Glaube, alles alleine tragen zu müssen. Ich bin ehrlich: Genau dort stand ich die letzten Tage. Mein Kopf wusste es besser. Aber mein Körper, mein Herz – die haben gestreikt.
Alex sagt in solchen Momenten: „Ben, ich kenne da jemanden, der hat mal gesagt: Führung beginnt da, wo du aufhörst, dich zu verstecken.“ Ja, danke. Ich weiß. Und trotzdem ist es jedes Mal wieder schwer, sich der eigenen Wahrheit zu stellen. Aber genau das ist der Punkt: Hoffnung ist kein Schönwetterprinzip. Hoffnung ist der Mut, in den Nebel zu gehen. Ohne Garantie. Nur mit dir.
Hoffnung führen heißt: Verantwortung zeigen
Wenn du als Unternehmer, als Führungskraft, nicht mehr an eine bessere Zukunft glaubst – warum sollte dein Team es dann tun? Hoffnung ist ansteckend. Und ja, sie kostet Kraft. Aber sie bringt dich raus aus dem Reaktionsmodus. Sie macht dich wieder handlungsfähig. Und sie verbindet. Denn echte Hoffnung ist nie egoistisch.
Du willst Orientierung geben? Fang an, dich selbst zu orientieren.
Du willst Vertrauen schaffen? Fang an, dir selbst zu vertrauen.
Du willst Menschen mitnehmen? Fang an, dich selbst zu bewegen.
Es geht nicht darum, permanent gut drauf zu sein. Es geht darum, aufzustehen. Immer wieder. Auch, wenn alles in dir stehenbleiben will. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Ich bin gerade mittendrin. Und vielleicht ist das der ehrlichste Text, den ich seit langem geschrieben habe.
Die härteste Schule
Ich glaube, die kommenden Wochen werden eine harte Schule für mich. Nicht, weil ich gerade scheitere – sondern weil ich gerade lernen muss, meine eigene Mission wieder neu zu verkörpern. „Ich führe Menschen und Organisationen sicher und kraftvoll über Grenzen in neues Land.“ Tja, willkommen. Hier bin ich. Grenzland. Unsicher. Offen. Bereit.
Und wenn ich das heute für mich schaffe – diesen Zustand nicht zu bekämpfen, sondern zu integrieren – dann kann ich auch wieder weitergeben, was mir wirklich wichtig ist: Hoffnung, die trägt. Nicht Hoffnung, die täuscht.
Meine Reflexionsfragen:
Wie kultivierst du Hoffnung in deinem Alltag, um deine Widerstandfähigkeit zu stärken?
Welche konkreten Schritte unternimmst du, um trotz Unsicherheiten eine positive Zukunft zu gestalten?
Welche persönlichen Erfahrungen haben deine Fähigkeit zur Hoffnung beeinflusst oder gestärkt?
Wenn du dich gerade wie im Nebel fühlst – bleib nicht stehen. Geh los. Auch ein kleiner Schritt ist ein Akt der Hoffnung. Und vielleicht führt genau dieser Schritt dich dahin zurück, wo du dich wieder spürst.
Ich bin unterwegs. Und du?
Ben
Ben Schulz ist Sparringspartner für Geschäftsführer und Führungsteams in klein- und mittelständischen Unternehmen, wenn es um deren Strategie und Transformationsprozessen geht. Der Vorstand des Beratungshauses Ben Schulz & Partner AG legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit, gemeinsam mit seinem Team, auf die Schwerpunkte Unternehmensleitbildentwicklung, Kulturwandel, Führungskräfteentwicklung und strategischen Unternehmersparrings, bei denen es um die Steigerung von Perfomance geht.