Ich habe ein bisschen recherchiert. Seit 2007, also im Grunde seit Smartphones im Umlauf sind, ist das Thema Resilienz omnipräsent. Warum? Was ist passiert? Ganz einfach: plötzlich waren und sind wir ständig erreichbar. Emails kommen direkt aufs Handy, pausenlos ploppt und pingt eine Nachricht auf diversen anderen Messengerkanälen auf. Und wehe, man reagiert nicht sofort. Kaum noch Ruhezeiten, dafür aber zunehmender Druck und die massive Belastung führen zu psychischen Erkrankungen und enden im Extremfall im Burnout. Das Thema Resilienz bei Einzelpersonen wird zum Dauerbrenner – außer Acht gelassen wir jedoch, dass es keine Blaupause dafür gibt, sondern eine hohe Individualität aufzeigt.
Resilienz bei Einzelpersonen ist hochgradig individuell …
Woran messen wir die Resilienz eines Menschen? Ich bin der Auffassung, dass es stark mit der Funktionsfähigkeit eines jeden zu tun hat. „Bin ich handlungsfähig?“ „Bin ich funktionsfähig?“ Hierein fallen Themen wie Gesundheit, Motivation, Zufriedenheit und Widerstandsfähigkeit. Ein Beispiel aus dem Business-Kontext ist: „Wie gehe ich mit Veränderungen in der Firma um?“ „Wie gehe ich mit Kritik um?“ oder „Wie gehe ich mit einer Kündigung um?“ „Wie gehe ich mit der Situation Homeoffice um?“ Jeder verarbeitet das anders und lebt in einem anderen stets individuellen Stress-Modus. „Wie immun bin ich dagegen?“
Mir gefällt das Bild einer Teflonschicht. Wie stark perlt alles an mir ab oder was kann sich hartnäckig nach Innen fressen? Gerade in der aktuellen Zeit sollte Resilienz zu einer Meta-Kompetenz werden, vor allem für Führungskräfte.
Dabei sollten wir immer im Blick haben: Es geht nicht um das Außen, das etwas auslöst, sondern immer um die Frage, wie wir mit dem Außen in Beziehung treten.
… und verlangt nach einem generellen Umdenken
Den Deutschen wird immer noch Tempo, Tempo, Tempo, machen, schaffen, rödeln nachgesagt. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: es gehört zu den deutschen Tugenden, immer weiter, schneller und höher kommen zu wollen. Und wenn ich mich so umschaue, ist das in vielen Bereichen nach wie vor die Maßgabe. Dennoch ist das Thema der Resilienz mittlerweile in der Gesellschaft angekommen. Das heißt, es findet ein Umdenken statt, hin zum Menschen und seinen individuellen Bedürfnissen. Ich sage nur Entschleunigung. Eine Bewegung, die sicher als sehr positiv zu bewerten ist.
Ein Kunde von mir, Geschäftsführer, knallharter Machertyp, ständig im roten Drehzahlbereich, gefühlt immer den Fuß in der Steckdose, bekam mit Ende 40 / Anfang 50 vom Dachlattenmann eine gewischt – Krankenhaus, Verdacht auf Herzinfarkt. Ist es das wirklich wert?
Resilienz in Organisationen – vom Modetrend zum Must-have!
Harvard Business, Manager Seminare oder andere Businesshefte bringen vermehrt ganze Ausgaben zu dem Thema Resilienz, bevorzugt unter dem Zungenbrecher organisationale Resilienz. Sprich: die Notwendigkeit zu Resilienz hat sich mittlerweile von der einzelnen Person auf ganze Unternehmen übertragen. Die immer vorherrschende Frage dabei lautet: „Ist unsere Organisation resilient, wenn es um Dinge geht wie unser Team, unsere Mitarbeiter, unsere Führung, unsere Prozesse, unsere Produktivität, unser Umgang mit den unterschiedlichsten Herausforderungen und Krisen?“
Ich glaube, hier wird das Resilienz-Thema in Zukunft vor allen Dingen mehr und mehr einen strategischen Fokus erhalten. Es geht um die Überlebensfähigkeit von Organisationen. Und das ist im Endeffekt eine Aufgabe, welche sich Führungskräfte auf die Fahne schreiben sollten. Zu sagen: „Was hat das für einen Einfluss darauf, wie ich mein Team und meine Projekte führe, wenn es auf das Thema resiliente Organisation einzahlen soll?“
Resilienz, das Wir und ein gemeinsames Ziel sind untrennbar miteinander verbunden und zahlen auf die Teflonschicht ein!
Ich spreche hier vom Wir-Gefühl. In meinen Beratungen läuft das Gespräch aktuell immer öfter auf folgende Frage hinaus: „Wir haben bei uns im Unternehmen kein Wir-Gefühl mehr, das ist uns flöten gegangen, das war früher mal besser …“ Dabei zahlt genau dieses Wir-Gefühl, dieses gemeinsame an einem Strang ziehen, massiv auf die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens ein, da es zusammenschweißt. Dieses Gefühl schafft Verbundenheit. Ich glaube, dass dies für eine Organisation ein ganz wichtiger Kitt ist, wenn es um Themen wie Fach- und Führungskräfte-Mangel, Arbeitslosigkeit oder zu besetzende Arbeitsplätze geht. Es hilft, die Richtigen zu finden, die Richtigen zu binden, die Richtigen zu motivieren und die Richtigen zu halten. Schulter an Schulter auch durch unangenehme Herausforderungen der Zeiten zu gehen.
Organisationale Resilienz braucht moderne Leader!
Leider habe ich oftmals den Eindruck, dass viele Inhaber und Führungskräfte nach wie vor nicht verstanden haben, wie wichtig die Investition in eine gemeinsame Story, ein Wir-Gefühl, eine gemeinsame Vision für das Bestehen von Unternehmen ist. Sie erkennen nicht, wie Motivation und Identifikation wirklich funktionieren. Stattdessen halten sie am Alten fest. Ich sage jetzt mal ganz vorsichtig: „Ruhe im Puff und weitermachen.“
Dabei geht es beim Thema „Führung“ – resilient hin oder her – immer um die Fragestellung: „Wie gehe ich mit Menschen um? Wie gehe ich mit mir selbst um?“ Denn: So wie eine Führungskraft mit sich selbst umgeht, so geht sie letztlich auch mit ihren Mitarbeitern um. Ich spreche hier nicht von Kuschelkurs, sondern von ganz einfachen Maßnahmen wie Fordern, Fördern, klare Maßstäbe, Fairness, Berechenbarkeit und am Ende Vertrauen. Und hier sehe ich bei vielen eine Menge Handlungsbedarf.