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Vertrauen – Basis für resiliente Organisationen oder seichtes Geschwätz?

Wieso spreche ich hier heute schon wieder von Vertrauen? Weil Vertrauen eine ganz maßgebliche Führungskompetenz ist. Wenn ich meinen Mitarbeitenden nicht vertrauen kann, sie kontrollieren muss oder möchte, muss ich mir als Führungskraft an die eigene Nase fassen. Schließlich habe ich diese Menschen eingestellt.
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Natürlich kann das auch mal schief gehen, aber prinzipiell sollte man schon ein Händchen dafür haben, wen ich in mein Unternehmen lasse. Und dann sollte man diesen Menschen auch Vertrauen und Entfaltungsspielraum geben und nicht pausenlos über die Schulter schauen und sagen, das kann ich aber besser. Aber schauen wir uns doch erst einmal an, ob die Lage und somit das Thema wirklich so ernst sind, dass es sich lohnt, es schon wieder aus der Schublade zu ziehen. 

„67 % aller deutschen Arbeitnehmer sind bereit, in den nächsten sechs Monaten einen neuen Job anzunehmen – das zeigt das aktuelle Randstad Arbeitsbarometer 1. Halbjahr 2022.“ Wären sie happy, sähe die Zahl wohl anders aus. 

Und noch ein Ergebnis finde ich erwähnenswert, entnommen des Edelman Trust Barometers 2022 unter der Überschrift: „Führungskrise weitet sich aus

„Die hierzulande Befragten sind zunehmend besorgt, dass die Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft (45 %) – also CEOs - , Medien (45 %) und Regierung (42 %) die Menschen absichtlich in die Irre führen wollen, in dem sie Dinge äußern, von denen sie wissen, dass sie entweder falsch oder grob übertrieben sind.“ (Quelle)

Das nenne ich mal eine Aussage. Die Menschen fühlen sich also belogen und betrogen. Eine tolle Ausgangsbasis für eine erfolgreiche und vor allem friedlich harmonische Zukunft. 

„Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt.“ Franz Kafka

Vertrauen ist die Basis für eine robuste Unternehmung im Sinne von Resilienz. Aber wie schafft man Vertrauen? 

Dazu möchte ich gerne auf drei Punkte einer längeren Liste an Ratschlägen eingehen, die Fredmund Malik in seinem Buch „Führen Leisten Leben“ aufgezeigt hat: 

Niemals das „Verliererspiel“ spielen

Überall da, wo Menschen auf Menschen treffen, da … na … da menschelt es. Keiner ist perfekt – auch die Führungskraft nicht. Auch sie macht Fehler, aber leider haben in unseren Breitengraden Fehler nach wie vor keinen guten Ruf und werden gerne verschleiert oder jemand anderem in die Schuhe geschoben. Macht dies die Führungskraft öfter und fliegt dabei das eine oder andere Mal auf, dann ist die logische Konsequenz, dass ihr keiner mehr vertraut. Daher: 

Fehler der Führungskraft sind Fehler der Führungskraft.

Punkt aus basta! Sie hat dazu zu stehen, wie jeder andere Mensch auch. 

Fehler der Mitarbeitenden sind auch Fehler der Führungskraft.

Nach außen hin. Schließlich hat die Führungskraft die Verantwortung des großen Ganzen und grundsätzlich hinter ihrem Team stehen. Innen ausbaden und korrigieren muss es natürlich der Verursacher und aus seinen Fehlern lernen. 

Erfolge der Mitarbeitenden gehören den Mitarbeitenden.

Dem ist nichts hinzuzufügen. 

Erfolge der Führungskraft, aber nur, wenn sie sie alleine zu verbuchen hat, gehören ihr. Ansonsten sind sie Erfolge des Teams.

Aber echte LeaderInnen würden Erfolge niemals nur auf sich beziehen, sondern sie immer dem WIR zusprechen. 

Wer Vertrauen schaffen will, muss zuhören

Das ist jetzt nichts Neues und die Standardreaktion auch nicht: „Ja, weiß ich, aber ich habe leider leider keine Zeit dafür …“ 

Hier darf es aber keine Ausreden geben. Wer keine Zeit für seine Mitarbeitenden hat, sollte dringend an seiner Selbstführung arbeiten. Oder über seine Motivation nachdenken, für andere da zu sein. 

Wer an Vertrauen interessiert ist, muss echt sein

Hier spricht Malik einen Punkt an, den ich auch immer wieder und wieder predige: je authentischer eine Person ist, desto vertrauenswürdiger ist sie. Ob ich mit dieser Person zusammenarbeiten möchte, steht zwar auf einem anderen Blatt, aber immerhin habe ich die Möglichkeit der Wahl. Inszeniert sich eine Führungskraft, hält dann aber nicht, was sie verspricht oder darstellt, ist das Vertrauen Geschichte.

Daher sind meiner Ansicht nach folgende vier Haltungen maßgeblich für vertrauenswürdige Führung: 

1. Transparenz 

Absichten müssen grundsätzlich transparent sein, so dass die Mitarbeitenden diese in ihrem Alltag erleben. 

2. Konsequenz 

Es gilt, a) ehrlich zu sagen, was man denkt und b) zu tun, was man sagt. Ganz geradlinig. Malik bezeichnet dies in seinem Buch als „charakterliche Integrität“. 

3. Konsistenz und Verlässlichkeit 

Heute hü und morgen hott ist Gift. Mitarbeitende müssen sich auf ihre Führungskräfte verlassen können. 

4. Respekt

Respekt bedeutet, ich bin bereit, meine Mannschaft mit ihren Bedürfnissen und ihrer Individualität zu sehen – jeden Einzelnen! Das ist die eine Sache. Es gibt aber auch den Respekt für die Sache. Es ist der Respekt vor der Größe der Aufgabe, der Herausforderung, dem zu Erzielenden, dem gewünschten Erfolg.


 

Von Vertrauen und Kontrolle

„Vertrauen ist die stillste Form von Mut.“ habe ich einmal gelesen. Das stimmt und dennoch gibt es Momente, in denen man in andere Verhaltensmuster fällt. 

Ich nehme mich da auch nicht raus. Auch ich habe Momente, in denen ich meine Mitarbeitenden stärker kontrolliere. Aber sind wir mal ehrlich, in welchen Situationen machen wir das? Doch nur, wenn wir auf dem Zahnfleisch gehen.

Dann entwickeln wir eine Art Zwangskontrolle, um unsere Nerven zu beruhigen. Aber ist das die richtige Vorgehensweise? Wäre es nicht besser und wichtiger, in diesen Situationen nach sich selbst zu schauen und sich zu fragen, was gerade so an einem zerrt? 

Bertolt Brecht schrieb einmal: „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“ Wenn ich als Führungskraft plötzlich anfange zu meinen, jeden und alles kontrollieren zu müssen, schafft das Verunsicherung. Kommt es öfter vor und ich entschuldige mich danach nicht, beginnt der Vertrauensabbau. 

Wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung zeigt sich ihre Qualität nicht darin, dass es keine Schwierigkeiten gibt, sondern darin, 

  • dass Konflikte lösbar sind, 
  • dass man sie austragen kann, 
  • dass die Beziehung robust genug ist, alle Höhen und Tiefen zu verkraften. 

Und das geht nur mit Transparenz und Respekt. 

In diesem Sinne – das Thema Vertrauen ist kein seichtes Geschwätz, sondern die Grundvoraussetzung für resiliente Organisationen. 


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