„Du musst authentisch sein“, „Authentizität macht dich aus“, „Wenn du authentisch sein willst musst du…“ – die Authentizität. Ein Begriff, der in den letzten Jahren unfassbar populär geworden ist, mit dem buchstäblich um sich geschmissen wird. Doch was bedeutet es eigentlich „authentisch zu sein“? Woher stammt dieser Begriff? Und wie kann es sein, dass er immer öfter in den Mund genommen wird?
Vor einiger Zeit buchte mich ein großer Reifenhersteller als Redner für drei Vorträge. Die Frau am Telefon sagte mir, ich müsse mit einem Anzug auf die Bühne. Das war so ein Moment, der mich kurz zum Zucken gebracht hat. Wer mich kennt weiß, dass Anzüge meinen Kleiderschrank nur selten von innen gesehen haben. Nicht mal auf meiner Hochzeit habe ich einen getragen. Hoodies, T-Shirts und wenn es hoch kommt vielleicht mal ein Polo-Shirt – das sind Kleidungsstücke, die mich authentisch sein lassen, die mich ausmachen. Und das musste auch der Kunde akzeptieren, der mich gebucht hat.
Wir alle kennen unser Spiegelbild – und damit stehen wir alleine da
„Naja, ich bin halt so“ – eine Aussage, die mir schon aus dem Hals hängt. Die Frage ist, was das Gegenüber damit meint. Ist es eine Ausrede? Ist es die gewohnte Komfortzone? Ist damit wirklich alles gesagt und scheint es wirklich so ausweglos, wie es sich anhört? Wir alle sind es gewohnt, uns schon früh morgens im Spiegel zu sehen – mit all unseren Asymmetrien wie den Schönheitsmakeln, die jeder Mensch unterschiedlich wahrnimmt. Was dabei häufig vergessen wird, ist die Tatsache, dass wir mit dieser Wahrnehmung oft alleine dastehen. Denn zwischen der persönlichen Wahrnehmung und der Außenwahrnehmung liegen Welten.
„Wenn dein Authentisch scheiße ist, dann ist’s auch für den Arsch“
Dieser Satz stammt von einem meiner Kunden. Und er liegt damit gar nicht so falsch, denn Authentizität ist nicht die Ausrede für alles. Um authentisch sein zu können und sich selbst auch so zu erleben, sind vier Kriterien besonders wichtig – das Bewusstsein, die Ehrlichkeit, die Konsequenz wie die Aufrichtigkeit. Diese Kriterien stammen von den Sozialpsychologen Michael Kernis und Brian Goldman. Der erste Begriff, das Bewusstsein, umfasst die Tatsache, dass authentische Menschen sowohl ihre Stärken und Schwächen als auch ihre Gefühle und Motive für bestimmte Verhaltensweisen kennen. Die Voraussetzung dafür ist zum einen die Selbsterkenntnis durch Selbst- und Fremdwahrnehmung und zum anderen die Selbstreflexion. So werden wir uns selbst aber auch unseres Handelns bewusst. Der Begriff Ehrlichkeit ist eigentlich selbsterklärend – die ungeschminkte Realität. Und dazu gehört es eben auch mal, unangenehme Rückmeldungen zu akzeptieren. Verlogen und unecht wirken kann eigentlich nur ein Opportunist. Authentische Menschen handeln demnach konsequent aus eigenen Wertvorstellungen und Überzeugungen – selbst dann, wenn sie Nachteile in Kauf nehmen müssen. Das vierte Kriterium, die Aufrichtigkeit hängt damit zusammen, das wahre „Ich“ mit allen positiven wie negativen Seiten zu akzeptieren und zeigen. Dies zu verleugnen bedeutet also genauso viel wie nicht authentisch sein.
Auf Fotos kann alles retuschiert werden – ist das „authentisch“?
Uwe Klössing, mein Geschäftspartner und Fotograf aus Berlin, hat gefühlt jeden Tag ein neues Gesicht vor der Linse. Er lernt also jeden Tag einen neuen Menschen kennen – mit all seinen Facetten, Makeln, Glaubenssätzen, Werten und Selbstwahrnehmungen. Für ihn wird Authentizität großgeschrieben, denn sie ist die Basis für ein gelungenes Foto. Es muss gar nicht viel Zeit vergehen, um zu merken ob jemand Erfahrungen vor der Kamera hat oder sich zum ersten Mal ablichten lässt. Am Ende kommt es immer auf das persönliche Sein an – und dies authentisch zu verkörpern. Während seiner Shootings nimmt Uwe kein Blatt vor den Mund, ganz nach dem Motto: „Wenn’s scheiße aussieht, sieht’s einfach scheiße aus. Fertig.“ Ehrlichkeit ist also von Natur aus in ihm verankert – und das erwartet er auch vom Gegenüber. Sich seiner persönlichen Werte bewusst zu sein, ist für Uwe die Grundvoraussetzung eines Shootings. Denn genau diese möchte er visualisieren und dem Betrachter transportieren. Im Umgang mit seinem Gegenüber geht es ihm darum, sowohl die positiven als auch negativen Eigenschaften zu akzeptieren und zu ihnen zu stehen. Photoshop, Kaschier- und „Mach-mich-dünner“-Bearbeitungstools sind für Uwe ein Fremdwort.
„Um sichtbar und authentisch zu sein – trage das, was die Menschen sehen wollen“
Bullshit – schlagen Sie sich diese falschen Glaubenssätze aus dem Kopf. Hören Sie auf zu denken, Sie müssten sich mit dem Markt bewegen. Hören Sie auf zu glauben, dass die neusten Markenklamotten einen positiveren Effekt auf Ihre Selbstdarstellung oder Ihr Selbstbewusstsein haben. Das ist alles Bullshit. Worauf es ankommt, sind genau diese vier Schritte. Wenn wir diese mehr verinnerlichen, stärken und zeigen, kommen wir dem „authentisch sein“ schon ein Stück näher.
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