Da ist die Anti-Romantikerin, die sich eigentlich nach Liebe sehnt, die Mutter, die mit ihrem Körper kämpft und zurück ins Berufsleben möchte, das Model, dem das gewisse „Etwas“ fehlt und natürlich noch die reife Ehefrau, die mit dem Altern Probleme hat. Auf dramatisch komische Weise wird die Geschichte der Protagonistinnen erzählt, die am Ende zu sich selbst finden. Eine schöne Geschichte, denn auch ich frage mich in all dem schönen oberflächlichen Schein, der in unserer Gesellschaft vorherrscht: Wo bleibt die Identität?
Angst vor der eigenen Identität?
Im Film lernen die Frauen Stück für Stück ihre eigene Identität auszuleben und erfahren dadurch eine wunderbare Freiheit. Viele Menschen jedoch lenken sich heute lieber ab, als sich mit sich selbst zu beschäftigen. Katzenvideos auf TikTok, Backanleitungen oder der Typ mit Investment-Tipps auf YouTube. Wir können bei Netflix und Co. aus tausenden Filmen und Serien wählen. Alles schön und gut, doch wo bleiben wir? Zugegeben es ist um ein Vielfaches leichter, mit dem Strom zu schwimmen, auf jeden Trend aufzuspringen und Ja anstatt Nein zu sagen. Angepasst lebt es sich gut, denn wer sich selbst und seine Werte vertritt, könnte schließlich anecken, auf Widerstand stoßen, vielleicht sogar Kundinnen und Kunden verlieren. Wird die eigene Identität sichtbar, treten auf einmal Ecken und Kanten auf, es gibt andere Meinungen, Emotionen sind im Spiel.
Wer bin ich?
Was ist Identität? Wovon hängt sie ab? Und warum ist sie in der heutigen Gesellschaft so wichtig geworden? Identität ist das, was uns auszeichnet und was uns einzigartig macht. Allein die Anzahl von rund 44.700.000 Treffern, die Google auf die Frage „Was ist Identität?“ ausspuckt, zeigt, wie wichtig dieses Thema ist. Unsere Identität basiert auf vielen Faktoren zu denen unter anderem Herkunft, das soziales Umfeld, Werte, Erlebnisse und Prägungen zählen. Die Frage „Wer bin ich?“ hat in einer sich ständig und rasant verändernden Welt stark an Bedeutung gewonnen. Wer glaubt zu wissen, wer er ist, stellt dies an verschiedenen Punkten im Laufe des Lebens, insbesondere in Zeiten großer Veränderungen, jedoch häufig infrage. Die Rede ist gar von Identitätskrisen. Diese treffen nicht nur junge Menschen, die noch auf der Suche sind, sondern insbesondere Männer jenseits der 50, die sich in einer neuen gesellschaftlichen Rolle wiederfinden und damit (noch) nicht zurechtkommen. Oftmals wird die Frage nach dem „Wer bist du?“ mit dem Namen, Beruf und vielleicht noch bestimmten Hobbys beantwortet. Doch ist das wirklich Identität?
Die große Identitätsfrage
Hat eine Banane eine Identität? Klare Antwort: nein! Schwieriger wird es schon bei der Frage, ob ein Haustier oder ein Unternehmen eine Identität hat. Welche Voraussetzungen müssen also gegeben sein, damit überhaupt eine eigene Identität entwickelt werden kann. Sehen wir uns hierzu einmal die Aussage des amerikanischen Philosophieprofessors Robert B. Brandom an. Dieser nennt als erste Voraussetzung für Identität, dass diese nur von „wesentlich selbstwussten Wesen“ entwickelt werden kann. Das bedeutet zum einen, dass diese Wesen fähig sein müssen, eine Vorstellung von sich selbst – also ein Selbstbild – zu entwickeln und zum anderen wird die Selbst-Konzeption zusätzlich von dem bestimmt, was es für andere ist. Ein Beispiel: Sie können sich selbst als „innovativen Freigeist“ bezeichnen. Das zeigt ihr Selbstbild. Neben diesem gibt es noch die Perspektive der anderen, die Sie vielleicht als „draufgängerischen Spekulanten“ sehen. Interessant ist, dass sowohl das Selbstbild als auch das Fremdbild Einfluss auf die Identität haben. Selbst wenn Ihre Eigenwahrnehmung völliger Bullshit ist, wird das, wofür Sie sich halten, immer Ihr Sein und Ihr Verhalten beeinflussen. Stimmen die beiden Wahrnehmungen größtenteils überein, haben Sie schon einen großen Schritt dahingehend gemacht, ihre Identität authentisch zu leben.
Ist ein Leben ohne Identität möglich?
„Brauchen wir überhaupt eine Identität, um Leben zu können?“ Gehen wir einmal davon aus, dass Identität die Summe unseres Daseins ist, welche einschließt, dass wir uns für unsere Überzeugungen und Werte einsetzen. Dann heißt das im Umkehrschluss, dass ein Mensch, der keine Überzeugung hat, für die es sich zu kämpfen lohnt, auch nichts hat, mit dem er sich als Person identifizieren kann. Identität ist also nicht etwas, was wir gemeinsam mit unserer DNA in die Wiege gelegt bekommen und dann ist sie da. Sie verlangt vielmehr die Entscheidung, sie auch aktiv anzunehmen und zu gestalten. Es gibt die Möglichkeit, ein Leben ohne eigene Identität zu führen. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass Menschen aufgrund von Bequemlichkeit oder Opportunismus überhaupt keine Identität wollen. Sie drücken sie lieber weg und leben ausschließlich nach den Erwartungen der anderen. Schlussendlich bleibt dann nicht mehr viel von der eigenen Identität übrig. Doch hat jemand, der ein Leben lang ohne Identität bleibt, wirklich gelebt?
Gehen wir noch einmal zurück zum Film „Wunderschön“, der mich zu diesem Blog inspiriert hat. Dieser zeigt wie schön und erfüllend es ist, sich seiner Identität bewusst zu sein und in diesem Sinne empfehle ich Ihnen, sich auch einmal mit dieser zu beschäftigen – als UnternehmerIn, Selbständige/r und als Mensch.