Büro ist wie Halloween mit Arbeitsvertrag

Herzlich willkommen im Mittelstand – dort, wo die Kaffeemaschine heiliger ist als das Leitbild, wo man lieber eine neue Abteilung gründet, als alte Konflikte zu lösen, und wo die tägliche Maskerade längst perfektioniert ist.

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Man nennt es „Führungskultur“. Ich nenne es: Halloween mit Arbeitsvertrag.

Jeden Tag werden Masken aufgesetzt. Die „Alles-ist-gut“-Maske, um Krisen zu kaschieren. Das „Ja-Chef“-Kostüm, um Karriereaussichten zu retten. Und das beliebte „Ich-bin-völlig-überzeugt-von-diesem-Change“-Outfit, obwohl innerlich längst jeder das sinkende Boot paddelt. Wer sich traut, ohne Maske zu kommen, gilt als unprofessionell. Und wer zu ehrlich ist, bekommt traditionell ein „Sonderprojekt“ – meistens eines, das nie endet.

Süßes oder Saures  im Chefbüro

Im Mittelstand hat sich eine ganz eigene Art von Führung etabliert: die „Trick or Treat“-Methode. Wer brav nickt, bekommt das Bonbon – eine kleine Beförderung, ein Schulterklopfen oder wenigstens ein freundliches Nicken im Jour fixe. Wer widerspricht, landet im Karrierekürbis. Kommunikation läuft in zwei Sprachen: „offiziell“ und „zwischen den Zeilen“. Offiziell hört man Worte wie Agilität, Transformation, Purpose. Inoffiziell sagt man: „Das hat der Chef wieder von McKinsey.“ Kultur ist das, was passiert, wenn die Führung den Raum verlässt – und genau da wird’s gruselig. Denn dann zeigt sich: Hinter den PowerPoint-Parolen herrscht oft Erschöpfung. Nicht die gesunde Müdigkeit nach einem produktiven Tag, sondern die tiefe, stille Erschöpfung eines Systems, das sich selbst nicht mehr glaubt.

Warum Halloween-Führung so bequem ist

Diese Maskerade hat System. Sie ist bequem, risikoarm und vermeidet Verantwortung. Ich kenne viele Chefetagen, die eher in neue Berater investieren, als sich mit sich selbst zu beschäftigen. Ein paar Archetypen sind dabei Klassiker:

  • Der Phantom-Chef – schwebt über allem, entscheidet spät, wundert sich über fehlende Eigeninitiative.
  • Der Zombie-Manager – lebt von alten Erfolgen, körperlich anwesend, geistig seit 2008 tot.
  • Die Hexe der HR-Abteilung – kocht Zaubertränke namens „Kulturwandel“, die niemand trinkt, weil sie nach Kontrolle schmecken.
  • Und der wandelnde Flipchart – kann alles visualisieren, aber nichts verändern.

Alle überleben jede Reorganisation. Weil niemand sie konfrontiert. Denn dafür bräuchte es das, was in vielen Betrieben fehlt: Vertrauen. Und Vertrauen verschwindet genau in dem Moment, in dem Führung Angst verbreitet.

Schweigen statt Klartext

„Wir sagen alles, aber meinen nichts.“ Das ist der Satz, den man in vielen Meetings fast hören kann. Chefs fordern „ehrliches Feedback“, bekommen aber höfliches Schweigen. Denn wer im falschen Moment ehrlich ist, erlebt den Kürbiskopf-Effekt: Projekt weg. Verantwortung weg. Zukunft weg.

Und so entstehen Unternehmen, die in PowerPoint glänzen, aber im Alltag stolpern. Klarheit wäre überlebenswichtig. Doch stattdessen werden Workshops veranstaltet – eine Art Exorzismus mit Catering. Ziel: die bösen Geister der Vergangenheit vertreiben. Ergebnis: mehr Flipcharts.

Hope & Trust Leadership – kein Kuschelkurs

In meinem Buch Führungskräfte als Hoffnungsträger schreibe ich auf Seite 73 über das fünfte Grundprinzip wirksamer Führung: Vertrauen. Und auf Seite 78 über das sechste: positives Denken. Beide sind keine Wellness-Kategorien, sondern harte Führungsfaktoren. Vertrauen steigert Produktivität um bis zu 40 %. Hoffnung reduziert Stress um 70 %. Das ist kein Zufall.

Hoffnung gibt Richtung. Vertrauen gibt Tempo. Zusammen schaffen sie Handlungssicherheit – die wichtigste Währung in Zeiten, in denen niemand mehr weiß, was nächste Woche passiert. Hope & Trust Leadership bedeutet: weniger Kontrolle, mehr Klarheit. Weniger Angstkommunikation, mehr Sinnkommunikation. Nicht: „Wir schaffen das schon irgendwie“, sondern: „Wir wissen, dass es hart wird, und wir gehen diesen Weg trotzdem gemeinsam.“

Der wahre ROI: Hoffnung ist billiger als Burnout

Laut einer aktuellen Civey/Auctority-Studie fühlen sich über 60 % der Führungskräfte erschöpft. Viele jonglieren zwischen Druck von oben und Drama von unten. Zwischen Fachkräftemangel und KI-Hype. Zwischen Ego und Erschöpfung. Die Folge: Dauerstress – getarnt als Effizienz.

Dabei wäre die Lösung schlicht: Vertrauen statt Kontrolle. Hoffnung statt Druck. Denn Kontrolle kostet Energie. Hoffnung gibt Energie. Wer Vertrauen lebt, spart sich Mikromanagement. Wer Hoffnung stiftet, spart sich Motivationskampagnen. Und wer beides ernst meint, spart sich Maskenbälle.

Führung ohne Maske

Hope & Trust Leadership ist kein Feelgood-Konzept. Es ist die konsequente Antwort auf Erschöpfung und Misstrauen. Führung ohne Maske bedeutet, sich ehrlich zu zeigen – auch mit Zweifeln. Zu sagen: „Ich weiß es gerade nicht.“ Und trotzdem Haltung zu haben.

Ein paar Prinzipien helfen dabei: Sag, was ist. Erklär, warum du entscheidest. Lass andere mitwachsen. Bleib berechenbar. Zeig, dass du Mensch bist.

Das klingt simpel. Ist es aber nicht. Weil es Mut kostet, Eitelkeit zu opfern. Aber genau dieser Mut unterscheidet Manager von Hoffnungsträgern.

Hoffnung braucht Haltung – und Humor

Führung im Mittelstand ist oft ein Hochseilakt. Doch Kulturwandel beginnt nicht mit einem Leitbild, sondern mit Verhalten. Mit einem Chef, der sagt: „Ich hab mich geirrt.“ Mit einem Meeting, in dem Sinn wichtiger ist als Zahlen. Mit einem Lächeln, das ehrlich ist – und keinem, das in der Kantine vergessen wird.

Humor ist dabei das meist unterschätzte Führungsinstrument. Er entschärft Hierarchien, öffnet Kommunikation und schafft Nähe. Lachen im Unternehmen ist kein Zeichen von Leichtigkeit, sondern von Vertrauen. Und Vertrauen ist die Basis jeder echten Führung.

Die Zukunft gehört den Glaubwürdigen

Der deutsche Mittelstand steht 2025 an einem Wendepunkt. Mitarbeitende erkennen Inszenierungen sofort. Sie folgen keinen Helden mehr, sondern Menschen, denen sie glauben. Hoffnung ist die neue Führungswährung. Vertrauen das neue Controlling.

Oder, um es klar zu sagen: Wer glaubt, Kontrolle sei Stärke, hat das Prinzip Führung nie verstanden. Wer glaubt, Hoffnung sei naiv, hat noch nie erlebt, was entsteht, wenn Menschen freiwillig folgen.

Halloween im Büro mag unterhaltsam sein – aber nur, solange niemand merkt, dass die Monster echt sind.

Echte Führung braucht keine Masken. Sie braucht Mut. Menschlichkeit. Und Haltung.

Ben Schulz
Autor: Ben Schulz

Ben Schulz ist Unternehmer, Autor, Redner und Consultant für Geschäftsführer und Führungsteams in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Der Vorstand des Unternehmensberatung Ben Schulz & Partner AG legt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit, gemeinsam mit seinem Team, auf die Schwerpunkte Unternehmensleitbildentwicklung, Kulturwandel, Führungskräfteentwicklung und strategischen Unternehmersparrings, bei denen es um die Steigerung von Perfomance geht.


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